Rechtsanwalt verstorben – wie geht es bei Todesfall weiter?
Haben Sie aufgrund von Streitigkeiten mit Nachbarn, eines Rechtsstreits mit dem Arbeitgeber, einer Scheidung oder eines anderen Falls einen Rechtsanwalt eingeschaltet, gehen Sie davon aus, dass dieser Rechtsanwalt während des gesamten Verfahrens für Sie tätig ist. Nun kann es aber passieren, dass der Rechtsanwalt wegen Krankheit ausfällt oder sogar der Todesfall des Rechtsanwalts eintritt. Kann der Rechtsanwalt länger als eine Woche nicht in seiner Kanzlei tätig sein, muss er einen geeigneten Vertreter bestellen. Er kann auch im Vorfeld für alle innerhalb eines Kalenderjahres eintretenden Verhinderungsfälle eine Vertretung bestellen. Voraussetzung dafür ist, dass der Vertretungsanwalt von derselben Anwaltskammer kommt (§ 53 Bundesrechtsanwaltsordnung).
Was passiert nun, wenn der Rechtsanwalt keine Vertretung für Verhinderungsfälle innerhalb eines Kalenderjahres bestellt hat und die Kanzlei aufgrund von Krankheit oder Todesfall des Rechtsanwalts geschlossen wird? Die Anwaltskammer kann einen Abwicklungsanwalt einschalten, der in der Regel nicht länger als ein Jahr bestellt wird. Dieser Abwickler führt die bestehenden Mandate weiter. Er ist für die Abwicklung der schwebenden Angelegenheiten zuständig. Dieser Abwicklungsanwalt hat die gleichen rechtlichen Befugnisse, die auch Ihr verstorbener Anwalt hatte. Er kann innerhalb der ersten sechs Monate seiner Tätigkeit auch neue Aufträge annehmen. Schafft er es nicht, die schwebenden Angelegenheiten innerhalb eines Jahres abzuwickeln, kann er einen Antrag auf Verlängerung seiner Tätigkeit um ein weiteres Jahr stellen (§ 55 BRAO). Dieser Abwickler gilt als von Ihnen bevollmächtigt, wenn Sie nicht einen anderen Anwalt mit der Ausübung Ihrer Interessen beauftragen. Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung, deckt sie auch die Kosten für die Tätigkeit des Abwicklers ab.
Sollten Sie mit der Tätigkeit des Abwicklers nicht zufrieden sein, können Sie selbst einen anderen Anwalt beauftragen. Sie sollten den Abwickler dann jedoch über die Beauftragung des anderen Anwalts informieren. Haben Sie eine Rechtsschutzversicherung, trägt sie die Kosten für den von Ihnen beauftragten Anwalt, wenn der Abwickler Ihnen gegenüber seine Pflichten schuldhaft verletzt hat. Der Abwickler ist dann zum Schadenersatz verpflichtet. Hat der verstorbene Anwalt noch nicht mit der Bearbeitung Ihres Falls begonnen und noch keine Gebühren berechnet, kann der Abwicklungsanwalt seine Tätigkeit für Sie ablehnen oder den bestehenden Vertrag fristlos kündigen. Sie sind dann am Zug und müssen sich einen neuen Rechtsanwalt suchen. Hilfe bekommen Sie bei der Anwaltskammer oder über Ihre Rechtsschutzversicherung. Sind in der Kanzlei des verstorbenen Anwalts noch Unterlagen von Ihnen vorhanden, können Sie die Herausgabe der Unterlagen fordern.